Hab meinen Bericht mal hierher kopiert:
ZitatAlles anzeigenMittsommernachtsrace 2012
Wann genau der Entschluss reifte, jenes Wochende, an dem ich 44 Jahre alt werden sollte, auf dem Harzring zu verbringen, kann ich nicht mehr sagen, aber es drängte sich irgendwie förmlich auf, da ich die Woche noch Urlaub hatte und schon lange mal mehr als nur freies Training wemsen wollte.
Also packten meine bessere Hälfte und ich alles, was man für 4 Tage außer Haus brauchen könnte und sicherheitshalber auch einiges, was man nicht brauchen könnte in den Trapo, bis nahezu alle Hohlräume ausgefüllt waren.
Der Plan war folgender: Mittwoch anreisen, Donnerstag und Freitag etwas einrollen und für den Fall, daß Zerberus und sein Reiter defektfrei blieben, für das Mittsommernachtsrace melden. Außerdem hatten wir noch B´s DR-Z eingepackt, sodaß sie auch ein paar streßfreie Turns an den beiden Tagen vor dem Wochenende absolvieren konnte.
Wir verließen unsere Heimat am Mittwoch Nachmittag, pünktlich zum üblichen Feierabend-Stau auf der A5, den wir über Landstraßen umschifften, das brachte wahrscheinlich keinen Zeitgewinn, aber wir fuhren, anstatt im Stop&Go die Nerven zu strapazieren. Unsere anfänglich gute Laune trübte sich allerdings parallel zum Himmel langsam ein und als wir die ersten Hügel des Harzes erreichten, hatten wir das Gefühl eine Zeitreise Richtung Novemberende unternommen zu haben. Die Wolken schienen so schwer zu sein, das sie einfach so auf dem Boden auflagen, nur die ab und an zu erkennende, blühende Vegetation verwarf die Theorie der Zeitreise.
So gegen 22:00 trafen wir am Harzring ein, schafften Platz im Trapo und während der "Son of Hibachi" (Patentierter klappgrill) quasi selbstständig vorglühte, ohne daß die Kohlen ständig vom erlöschen abgehalten werden wollten, kümmerte ich mich um den, für Außenstehende recht kompliziert wirkenden, Aufbau unserer Schlafstätte. Nach dem Abendessen erklommen wir unser erhaben angebrachtes Bett.
Den Donnerstag könnte ich komplett überspringen, das einzig erwähnenswerte ist, neben der ewiglangen Sat-Schüsseljustiergeschichte, erschwert durch einen Wackelkontakt am LNB-Stecker, der nette Fahrerlagernachbar Gunther, der sich zu uns gesellte.
Die Strecke war bis zum Nachmittag feucht, ich war, in Erwartung reichlich Fahrzeit in den kommenden Tagen zu faul auf Regenreifen umzustecken und B. wollte, nach ihrem kleinen Sturz bei unserem letzten Harzringbesuch auch nicht unbedingt im nassen auf die Strecke, also verbrachten wir einen relaxten Campingtag.
Am Freitag wurden wir relativ Früh, noch weit vor dem Weckerklingeln, wach, weil die Temperatur im Trapo unerträglich angestiegen war. Der Grund hierfür lies sich schnell identifizieren: Als ich den Vorhang zum Führerhaus (ist das Wort eigentlich noch politisch korrekt?) beiseite schob, schaute ich direkt in eine fröhlich leuchtende, gerade aufgegange Sonne, die direkt in unsere Frontscheibe brannte.
Das sah nach einem schönen Tag aus!
Nach einigen Kaffees war es Zeit sich um Tagestickets zu kümmern. Vor seinem Rennbüro traf ich auf einen gut gelaunten Wolfgang, den ich zu seinem guten Draht zu Petrus beglückwünschte und ihn um eine Fahrerlaubnis bat. Während ich was Frühstückte und dazu noch mehr Kaffee vernichtete war B. schon auf der Strecke. Auch unser Nachbar und einige andere Wemser, die im oberen Fahrerlager, im wahrsten Sinne des Wortes, ihr Zelt aufgeschlagen hatten, waren schon unterwegs.
Irgendwann stieg ich dann auch mal in meine Kombi und drehte ein paar Runden, ohne Offroad, da dieser erstens noch mehr oder weniger abgesoffen war und zweitens vom Wolle aus für das Wochenende geschont werden sollte. Nachdem ich mich recht wohl auf dem Mopped fühlte, stellte ich mal den Laptimer auf, denn die Wahrheit ist auf der Uhr, oder so...
In den nächsten Runden fand ich neben einer Sekunde zum letzten Harzringbesuch leider auch ein unangenehm hoppelndes Vorderrad in den beiden langen Rechtskurven. dieses Problem beschäftige mich ab seinem Auftreten das Gesamte Wochenende. Aus dem geplanten einrollen wurde dann ein ausgiebiges testen von Luftdrücken und Fahrwerkseinstellungen, wobei ich hier nochmal dem Robbe0612 für seine Ratschläge und telefonische Rückfrage danken will !
Da ja ohne Offroad gewemst wurde, veränderte der recht weiche Hinterreifen sein Antlitz langsam zum negativen. Nebenher füllte sich das Fahrerlager langsam mit allen erdenklichen Varianten von Wemstrapos.
Ich habe dann nochmal nen Metzeler anstatt dem Dunlop montiert und bin einige Runden gewemst, das Chattering blieb und die Kräfte schwanden.
Dann war es auch schon 18:00 geworden, Feierabend !
Zeit für Schlappeseppels Kellerbier.
Irgendwann stand plötzlich ein höflicher, junger Menschling unter unserem Faltzelt und begrüßte uns. Ich freute mich Tim, Mechanix Junior, mal wieder zu sehen ! Er berichtete, daß er sein erstes "Training mit Zeitnahme" fahren wolle, woran K. scheinbar nicht ganz unbeteiligt war. Ich bin zwar runde 30 Jährchen älter, aber irgendwie am gleichen Punkt, seltsam.
Später am Abend stand ja auch noch ein wichtiger Fußballevent an, der B. eher weniger interessierte, ich gesellte mich in die gutgefüllte Kneipe wo ich sofort Mechanix erkannte und auch noch einige andere Bekannte Gesichter sah. Auch Mechanix gab mir noch einige Tips zu meinem Chattering-Problem mit auf den Weg ins Nachtlager.
Am Samstag Morgen war die Temperatur im Trapo deutlich angenehmer, da ich am Vortag die Iso-Matte mit ihren Saugnäpfen an die Frontscheibe gepappt hatte. Das Fahrerlager füllte sich weiter, K., Deerler und M%gli wussten von meinem Geburtstag und Gratulierten mir. Nun konnte der Offroad befahren werden und es galt meine wenigen Offroad-Kilometer etwas aufzustocken. Immerhin bestätigte der Laptimer auch hier eine Verbesserung gegenüber des Geheimtrainings im Mai. Die Zeiten lagen, verglichen mit denen des "Hexenraces" im Mittelfeld der "Advanced" Gruppe. Zerberus lief, vom chattering abgesehen, problemlos. Ich dagegen spürte schon, daß ich am Freitag deutlich mehr Runden als ursprünglich geplant, gedreht hatte. Da ärgerte mich die Regenpause auch nicht allzusehr. Am Nachmittag bereitete B. leckere Waffeln zum Kaffee, was mich echt freute ! Weitere Hackfressen schüttelten mir Gratulierend die Hand. Später ging ich, mit leicht gemischten Gefühlen, meine Meldung in der Advanced Gruppe fürs Mittsommernachstrace abgeben und erwarb eine Transponderhalterung. Am Abend dann das übliche Grillen, Biertrinken und Dummbabbeln. Außerdem wurde der neu gestaltete Offroad begutachtet, es gab nun noch zwei kleine Anlieger als Option.
Sonntag, Raceday
Ich würde lügen, wenn ich schreiben würde, daß ich gut geschlafen hätte, ich war öfter als sonst wach und konnte gegen Morgen nicht mehr einschlafen. Ich besuchte zeitig die Keramikabteilung des Harzringes.
Trotz der etwas unruhigen Nacht fühlte ich mich relativ Wach, als ich mich fürs Warm-Up vorbereitete. Ich wollte mich, da ich um meinen Konditionsmangel weiß, auf keinen Fall verausgaben. Also locker fahren, die neuen Anlieger testen und schauen wo die Mitstreiter so rumfuhren. Soweit war alles o.k., das Vorderrrad hoppelte immernoch, welche Linie im Offroad die schnellere sein könnte, hatte ich nicht rausfinden können und einige lustige Kapriolen hab ich im Offroad auch eingebaut. Was solls.
Qualifying
Ich schaute mir das Zeittraining der "Beginner" an und fragte mich, ob ich dort nicht besser aufgehoben gewesen wäre. Mir fiel auf, daß es eine Klumpenbildung gab, die mich an die Umgebung des Balles in meiner Zeit in der Fußball E-Jugend erinnerte. Das wollte ich in unserem Qualifying vermeiden, auf keinen Fall schnellere aufhalten und nicht, falls überhaupt vorhanden, auf langsamere auflaufen. 10 Min sind recht kurz.
Der Puls stieg merklich an, als es zum Transpondertausch ging und ging noch etwas höher, als ich mir der Größe des Fahrerfeldes bewusst wurde. Die Option vorneweg zu glühen viel aus mehreren Gründen aus, da ich erstens garnicht vorne stand und zweitens mit Sicherheit mehrere der deutlich schnelleren irgendwo an mir vorbeigeflogen wären, was meine Nervosität nicht gemindert hätte. Also Plan B, alle fahren lassen und etwas Abstand lassen.
Diese Idee hatten allerdings auch 2-3 hinter mir. Wir sortierten uns irgendwie während der ersten Einrollrunde, ich hatte Luft nach vorne, holte in der Chatteringkurve an den Boxen weit aus, um früher ans Gas gehen zu können und begann meine erste Quali-Runde, ich hatte keine groben Fehler drin und hängte noch eine dran, die auch ganz o.k. schien, wenn man davon absieht, daß ich das Atmen möglicherweise vernachlässigt habe. Dann kurz verschnauft, wieder weit ausgeholt für den 3. Versuch, der aber im Offroad kläglich scheiterte, weil ichs übertrieben habe und zweimal fast abgestiegen wäre. Also, auf ein Neues.
Als sich eine schnelles Grüppchen näherte, kam mir die Idee, mich da dranzuhängen, was aber nur bis zur Ziellinie klappte, weil dort schon die schwarz-weiße Flagge geschwenkt wurde. Verdammt schon rum. beim Transponder abgeben konnte ich mich auf dem Monitor nicht finden, hielt dann in der Boxengasse nochmals an und suchte, unten beginnend meine Startnummer. Schon der 23. war schneller als die Zeiten, die mein Laptimer bisher gespeichert hatte. Als ich schon langsam glaubte mit einem defekten Transponder unterwegs gewesen zu sein, fand ich sie, die #94 auf P.14. Ich hatte tatsächlich irgendwo 2 Sekunden gefunden!
Ich war kurz glücklich, bis mir einfiel, daß sich P. 14 bei 28 Startern ziemlich mittig im Pulk befand. Außerdem fiel mir ein, daß ich noch nie wirklich ernsthafte Starts geübt hatte. Mein Magen fühlte sich sehr seltsam an.
Ich legte meine Prioritäten für mein erstes Rennen fest:
- Am Start weder abwürgen, noch backflippen.
- Aus allem raushalten
- Sitzenbleiben
- Wenn möglich Zielflagge sehen
Lauf 1
Ich schaute mir den Start der "Beginner" an und staunte über den Speed der dort teilweise gefahren wurde. Ich wusste wieder, warum ich mich solange geziert
habe irgendwo mitzuwemsen. Für wirkliche Neulinge kann sowas schon einschüchternd wirken.
Egal, jetzt waren wir gleich dran, Transponder geben lassen und in die Besichtigungsrunde. Ich weiß garnicht mehr, ob es in dieser oder erst in der
Einführungrunde war, auf jeden Fall gibt es Wemser mit einem besonderen Gespür für angespannte Kollegen, die dann die Situation durch ein Späßchen auflockern.
In meinem Fall war das ein mir nicht unbekannter Husqvarna Pilot, der einfach mal durchs Schilf-Biotop im Offroad eierte, ich mußte grinsen.
zur Startaufstellung fand ich den mir zugewiesenen Startplatz gleich wieder und entschied mich gegen den Starthaken, dessen Funktion ich noch nie getestet hatte.
Da stand ich nun und fühlte meinen Puls in den Halsschlagadern, um mich herum wirkten alle wild entschlossen und signalisierten das durch kurze Gasstöße.
Als Wolle mit der roten Flagge die Strecke verließ wurde es trotz der erhöhten Motordrehzahlen irgendwie ruhig unter meinem Helm, als ob jemand die Zeitlupentaste betätigt hatte. Ganz langsam leuchtete eine rote Lampe nach der anderen auf, bis alle brannten.
Dann schien der gleiche jemand der zuvor auf Zeitlupe schaltete, daneben zu greifen und anstatt "Play", "Fast-Forward" gedrückt zu haben, die Lichter erloschen und wie von einem Katapult beschleunigt schoß der größte Teil des Starterfeldes Richtung erster Kurve. Ich habe keine Ahnung wieviele Plätze ich verloren habe, weder direkt beim Start, noch in der ersten Kurve oder dann im Offroad. Immerhin Punkt 1 meiner Prioritätsliste hatte ich erfüllt. Hier und da purzelten Fahrer, als sich alles etwas beruhigte versuchte ich einen Rythmus zu finden, was mir nicht gelang, ich war platt und froh als die Zielflagge geschwenkt wurde. Der Monitor zeigte mir den Platz 23 von 29.
O.k. ich hatte zwar meinen Startplatz bei weitem nicht verteidigen können, aber das stand auch nicht auf meiner Liste. Alle anderen Punkte hatte ich erfüllt. Es war geschafft! Ein schönes Gefühl !
Lauf 2
Ich war minimal entspannter als "beim ersten mal" und mein Start war vll. sogar etwas besser als der zuvor, dafür gab es eine Kollision in der ersten Kurve, Jemand fiel meinem Vordermann vors Rad, wir konnten aber ausweichen, einige (Felro z.B.) kamen zum Stillstand. Ich ging jedem Zweikampf aus dem Weg und versuchte schneller einen Rythmus zu finden, was nicht wirklich gelang, wie die Rundenzeiten belegen. Ein junger Mann auf einer 2Takt Rakete erschreckte mich mal ein wenig, nachdem er sich nach dem ersten Sprung irgendwie Richtung Böschung verbremste, um dann von dort diagonal den nächsten Sprung innen, wo ich eigentlich langwollte, zu nehmen. Ging aber nochmal gut. Ich kam etwas besser über die, eine Runde längere, Distanz als beim ersten Lauf und konnte gegen Ende die hinter mir fahrenden auf Abstand halten, glaube ich. Ich wurde also wieder, passend zu meinem Geburtsdatum 23.
Das war´s, mein erstes "Training mit Zeitnahme".
Ich weiß, daß ich mich viel zu oft umgesehen habe, hatte aber das Bedürfnis die Akustik mit der Optik in Einklang
zu bringen.
Danach erfolgte noch das eine oder andere, adrenalinschwangere Fachgespräch, die weiteren Läufe der Sportler und Profis, die Siegerehrung, Verabschiedungen, Einpacken und Abreisen.
Ein geniales Wochenende, das ich mit Sicherheit nie vergessen werde (ich kanns ja außerdem jetzt nachlesen).
ROL4ND #94